VR-Insiders : Als Proband bei TU-Forschungsprojekten

TU-Wien
08 Aug, 2018

Dieser Blog hat es sich zur Aufgabe gemacht, über aktuelle Praxis – Entwicklungen in den Bereichen AR und VR zu berichten, aber auch Einblicke in den aktuellen Stand der Lehre, Forschung und aus der VR-Community zu geben. Dabei wollen wir selbst aktiv werden und euch Erfahrungsberichte aus erster Hand liefern. Wir haben uns deswegen als Proband bei zwei wissenschaftlichen „Experimenten“ eingeschlichen. Unser VR-Insider Richard Pleil erzählt im folgenden Beitrag, wie es ihm dabei ergangen ist.

First contact – das erste Mal in der Virtual Reality

Nachdem ich mich als Blogger im Bereich AR/VR nun bereits einige Monate mit dem Thema auseinandersetze, dachte ich es wäre an der Zeit, die erste praktische Erfahrung zu sammeln. Wie der Zufall möchte, ereilte mich kurzfristig eine Mail über den Probanden-Verteiler der TU-Wien-Institut für Interactive Media Systems, in den ich mich bereits vor einiger Zeit eingetragen hatte. Ohne viel nachzudenken und ohne das Mail allzu genau studiert zu haben, trug ich mich flugs per Doodle für den nächsten Tag – ein Sonntag – für 19 Uhr mit Namen und Telefonnummer ein. Bestätigen. Done.

Keine 30 Stunden späte war ich schon unterwegs zum VR-Lab der TU Wien, ohne genau zu wissen, was mich dort erwartet. Zugegebenermaßen leicht angespannt kam ich schließlich Punkt 19 Uhr in der Favoritenstraße an. Fragen über Fragen gingen durch meinen Kopf: Wie genau wird das sein? Werden sie mich aufs immersive Deck schicken? Wie wird sich die virtuelle Realität anfühlen? Wie werden meine Augen und mein Körper auf diese neue Situation reagieren? Noch bevor ich weiter ins Grübeln geraten konnte, empfing mich schon eine nette, englisch sprechende Wissenschaftlerin und geleitete mich auf die Ebene der VR-Forscher im vierten Stock. Schon am Weg zum Labor wurde klar, dass mein erstes Abenteuer recht unspektakulär verlaufen würde – ich würde das „find the difference“ Spiel mit zwei unterschiedlich justierten HTC Vive spielen – eine Art Fehlerbildsuche, wie man sie aus den Rätselseiten kennt. Vielleicht hätte ich doch die Mail genauer lesen sollen…

Wer suchet, der findet – Fehlersuche in der virtual reality

Schon etwas ruhiger mit dem Wissen, „nur“ ein klassisches Suchbild lösen zu müssen, wurden vorab die Formalitäten erledigt – so wurde Gesundheitszustand, Nüchternheit und noch einige anderen Bereiche abgefragt, ein Haftungsausschluss sowie ein einleitender Fragebogen samt Beschreibung der bevorstehenden Aufgabe vorgelegt. Rasch ausgefüllt und auf die kommende Herausforderung eingestimmt, ging‘s schlussendlich los: Die erste HTC Vive wurde mir aufgesetzt, justiert und mir eine Art Laserpointer in die Hand gedrückt, der in der VR zum Laserschwert mutiert und mir ein retrospektives Star-Wars grinsen ins Gesicht zauberte.
Nun galt es, im Vorfeld noch einige Fragen, die im ansonsten leeren, virtuellen Raum vor mir auftauchten, zu beantworten. Dann ging es mit der eigentlichen Aufgabe los: Auf zwei Bildern, die nebeneinander und leicht schräg zueinander gedreht jeweils gefühlte drei mal drei Meter maßen und eine asiatische Marktsituation auf im Wasser befindlichen Bootshändlern zeigten galt es, möglichst viele Fehler zu finden. Während mir die Herausforderung am Anfang recht leicht fiel – abgesehen vom leicht wackeligen Anklicken der ungleichen Bildabschnitte – wurde es zusehends schwieriger, Unterschiede zu erkennen. Innerhalb von 15 Minuten konnte ich schlussendlich 33 Fehler finden, bevor mich die Wissenschaftlerin nach der Beantwortung einiger Fragen zu meinem Wohlbefinden und der Güte, Auflösung und Helligkeit des Bildes von meiner ersten Brille erlöste.

tu-vr-lab

Ein kleiner Einblick in das TU-VR-Forschungslabor

Mehr Usability und bessere Produkte durch Forschung

Wie ich ihr entlocken konnte, ging es in dem Experiment darum, das VR-Bild mit unterschiedlichen Helligkeitseinstellungen zu testen. Die herkömmliche Vive verfüge laut Frau Vasylevska generell nicht über diese Funktion, was offensichtlich für manche Benutzer, denen das Bild zu hell erscheint, ein Problem darstellt. Dieses galt es also mit Hilfe meines kleinen Beitrages als Versuchskaninchen zu erforschen. Und tatsächlich – die zweite Vive war im Gesamtbild wesentlich dunkler. Wie ich dann erfuhr, wurde die Linse mit Hilfe einer Folie manuell abgedunkelt. Tatsächlich wirkte sich diese Veränderung auf das Trageverhalten für mich positiv aus: Während meine Augen nach der ersten Testrunde doch etwas ermüdet waren und ich auch eine leichtes Stechen im Kopf empfand, fühlte sich der zweite Ausflug in die VR wesentlich entspannter an, auch wenn die Auflösung des Bildes nicht ganz so gut wie zuvor war.
Trotz der „verbesserten“ Sichtbedingungen konnte ich diesmal allerdings nur rund 26 der 50 versteckten Fehler finden – ein klares Indiz, dass sich meine Konzentration an diesem Abend schon dem Ende zuneigte. Geduldig beantwortete ich nach diesem, zweiten Suchdurchgang die obligatorischen Fragen der Versuchsleiterin, womit das erste Experiment auch schon abgeschlossen war. Als Dankeschön gab‘s einen Schokoriegel und schon stand ich wieder vor der TU – um eine VR-Erfahrung reicher und dem guten Gefühl, einen kleinen Beitrag für die wissenschaftliche Forschung beigesteuert zu haben.

Virtuelle Pfadsuche mit der Hololens

Mein zweiter Einsatz als Proband an der TU stellte eine Aufgabe in der augmented reality dar: Im Zuge einer Studie zur Pfadplanung in Gebäuden bestand das Experiment darin, mit Hilfe einer Microsoft Hololens vorgegebene Punkte auf einem virtuellen Pfad zu finden, der das reale Umfeld des Institutsgebäudes mit Hilfe der Brille überlagerte. Dieses Setting wurde in zwei Teilaufgaben unterteilt, die sich durch das „Verhalten“ bzw. durch die Anpassung des vorgegebenen Pfades an meine Position unterschieden.
Entspannt durch meine bereits erworbene Routine aus meiner ersten Forschungserfahrung fiel es mir relativ leicht, den Pfaden, die jeweils mit einer grünen Kugel ihren Ausgangspunkt fanden und mittels grüner Blasen den Weg zum Ziel – einem virtuellen Gespenst, dass einen einmaligen Code, den es zu notieren galt, zeigte – zu finden. Interessant für mich war dabei, dass der Unterschied in Sachen Usability zwischen den beiden Versuchen so groß war, obwohl dieser lediglich in der Anpassung des Pfades an meine Position auszumachen war. Dementsprechend galt es dann im Anschluss wieder, das Erlebte mittels Fragebogen zu bewerten, die Durchgänge gegenüberzustellen und so den Forschern Daten für die Optimierung ihrer Pfadfindungsmission zu liefern.

Pfadsuche

Experimentelle Pfadsuche mit der Microsoft-Hololens

Fazit

Durch die Teilnahme an diesen beiden Experimenten wurde mir klar, wie wichtig das Abtesten von verschiedenen AR und VR Situationen mit „echten“ Menschen im Zuge einer Forschungsaufgabe ist, um dem Benutzer eine möglichst angenehme und intuitive, virtuelle Erfahrung zu ermöglichen. Ich kann mir gut vorstellen, dass derartige Entwicklungen den Menschen im Alltag oder auch in der Freizeit von Nutzen sein können. Obwohl es nach der zweiten Studie leider keinen Schokoriegel als Belohnung gab – ich war der letzte Proband – freue ich mich schon auf die nächste Einladung zur einer Benutzerstudie der TU-Wien. Wenn ihr selbst mal an so einem Experiment teilenehmen wollt – hier ist der Link zur VR Experiments mailing list: https://www.ims.tuwien.ac.at/research/virtual-and-augmented-reality.

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